Burnout: 3 Faktoren, die du nicht ignorieren darfst

Dec 15, 2025

Burnout verstehen: Wie ein schleichender Prozess uns ausbrennen lässt

Burnout – ein Wort, das heute fast alltäglich geworden ist. Doch hinter dem Begriff steckt weit mehr als bloße Müdigkeit oder vorübergehender Stress. Burnout ist ein komplexer, schrittweiser Prozess, der tief in das Zusammenspiel zwischen Mensch und Arbeitswelt eingreift. Die Präsentation von Pierre Le Trognon zeichnet diesen Prozess eindrucksvoll nach – und verbindet historische, psychologische und moderne Erkenntnisse zu einem klaren Gesamtbild.

In diesem Blogpost erfährst du:

  • Woher der Begriff „Burnout“ kommt
  • Wie Burnout sich entwickelt
  • Welche drei zentralen Dimensionen Christina Maslach identifiziert
  • Warum Burnout ein Wechselspiel zwischen Person und Umwelt ist
  • Was du tun kannst, um einem Burnout vorzubeugen
  1. Ein Begriff mit Geschichte: Vom Strohfeuer zur psychischen Erschöpfung

Der Gedanke des „Ausbrennens“ ist älter, als viele denken.

Bereits 1599 schrieb William Shakespeare:

“She burn’d with love… She burn’d out love…”
(The Passionate Pilgrim)

Hier steht „ausbrennen“ für das Erschöpfen innerer Energie – ein kraftvolles Bild, das sich über Jahrhunderte hält.

Im 20. Jahrhundert taucht das Wort erneut auf:
Graham Greene beschrieb 1960 in A Burnt-Out Case einen Mann, der emotional völlig leer geworden ist – „ausgebrannt“, allerdings nicht körperlich, sondern seelisch.

Der Begriff im heutigen Sinne wurde schließlich 1974 von Herbert Freudenberger geprägt, einem Psychotherapeuten, der das Ausbrennen bei hochengagierten Helfern beobachtete. Später systematisierte er seine Erkenntnisse im Buch Burn-Out: The High Cost of High Achievement (1980).

Burnout beginnt selten laut – es beginnt leise.

  1. Christina Maslach und das Drei-Dimensionen-Modell

Einen wissenschaftlichen Durchbruch brachte die Sozialpsychologin Christina Maslach. 1981 definierte sie Burnout als ein Syndrom bestehend aus drei miteinander verflochtenen Elementen:

  1. Emotionale Erschöpfung
  2. Depersonalisation / Zynismus
  3. Reduziertes persönliches Leistungsvermögen

Maslachs Modell ist bis heute Grundlage des Maslach Burnout Inventory (MBI), des weltweit am häufigsten eingesetzten diagnostischen Instruments (Maslach & Jackson, 1981; Maslach, Jackson & Leiter, 1996).

  1. Die drei Dimensionen des Burnouts

Emotionale Erschöpfung – der Kern des Burnouts

Emotionale Erschöpfung bedeutet:

  • ständige Müdigkeit
  • Überforderung
  • Reizbarkeit
  • Gefühl, „nichts mehr geben zu können“

Diese Phase entsteht, wenn Anforderungen und Ressourcen nicht mehr im Gleichgewicht sind.

Warum ist diese Stufe so gefährlich?

Weil sie ein inneres Schutzprogramm auslöst:
Menschen ziehen sich emotional zurück.

Depersonalisation – der emotionale Panzer

Wenn die Erschöpfung zu groß wird, distanzieren sich Betroffene von:

  • ihrer Arbeit
  • ihren Kolleg*innen
  • ihren Mitmenschen

Dies zeigt sich als:

  • Zynismus
  • Gleichgültigkeit
  • kalte Kommunikation
  • Defensive oder Feindseligkeit

Maslach beschreibt dies als „emotionalen Panzer“: Er schützt kurzfristig, zerstört aber langfristig Verbundenheit, Sinn und Motivation.

Reduziertes persönliches Leistungsvermögen – wenn Erfolg sich nicht mehr nach Erfolg anfühlt

Trotz objektiv guter Arbeit erleben Betroffene:

  • sinkende Motivation
  • fehlende Kreativität
  • Probleme beim Lösen von Aufgaben
  • das Gefühl zu versagen

Es ist ein Verlust der Selbstwirksamkeit.

Das Tragische daran:
Nicht die Leistung verändert sich – sondern das Erleben von Erfolg.

  1. Burnout als Teufelskreis

Die drei Dimensionen verstärken sich gegenseitig:

  1. Emotionale Erschöpfung
  2. Depersonalisation (emotionaler Rückzug) →
  3. Reduziertes Leistungsvermögen
    → weniger Erfolgserleben →
    → verstärkte Erschöpfung

Dieser Kreislauf macht Burnout zu einem selbstverstärkenden Prozess, der ohne Intervention kaum stoppt.

  1. Ursachen: Ein kritisches Ungleichgewicht

Burnout entsteht selten durch eine einzige Ursache. Maslach (2001) und andere Forscher betonen die Rolle des Systems:
Burnout ist ein Ergebnis aus Arbeitsbedingungen + persönlicher Disposition.

Externe Faktoren (Organisation):

  • chronische Überlastung
  • fehlende Kontrolle
  • fehlende Autonomie
  • mangelnde Anerkennung
  • geringe soziale Unterstützung
  • Werte- oder Sinnkonflikte

Interne Faktoren (Individuum):

  • Perfektionismus
  • hohe Pflichtorientierung
  • mangelnde Abgrenzung
  • geringe Erholungsfähigkeit

Burnout ist ein „kritisches Ungleichgewicht“ von Anforderungen und Ressourcen.

  1. Wie man Burnout vermeidet

Auf organisationaler Ebene:

  • realistische Arbeitsbelastung
  • Wertschätzung und Anerkennung
  • Mitbestimmung
  • gute Führung
  • klare Kommunikation
  • gesunde Teamkultur

Auf individueller Ebene:

  • Grenzen setzen
  • Erholung priorisieren
  • Achtsamkeit
  • Austausch mit anderen
  • eigene Werte reflektieren
  • Prioritäten anpassen

Diese Maßnahmen decken sich mit zentralen Erkenntnissen der modernen Burnout-Forschung (z. B. Bakker & Demerouti, 2007; Schaufeli & Enzmann, 1998).

  1. Burnout ist kein persönliches Versagen

Burnout ist nicht einfach ein individuelles Problem, sondern eine Interaktion zwischen Mensch und Arbeitsumgebung.

Das bedeutet:

Burnout ist kein Zeichen von Schwäche – sondern ein Signal, dass etwas im System nicht stimmt.

Empfohlene Literatur

Wissenschaftliche Grundlagen:

  • Freudenberger, H. J. (1975). The staff burnout syndrome in alternative institutions. Psychotherapy: Theory, Research & Practice.
  • Freudenberger, H. J., & Richelson, G. (1980). Burn-Out: The High Cost of High Achievement.
  • Maslach, C., & Jackson, S. E. (1981). The measurement of experienced burnout. Journal of Occupational Behavior, 2, 99–113.
  • Maslach, C., Jackson, S. E., & Leiter, M. P. (1996). Maslach Burnout Inventory Manual.
  • Maslach, C., Schaufeli, W. B., & Leiter, M. P. (2001). Job burnout. Annual Review of Psychology, 52, 397–422.
  • Schaufeli, W. B., & Enzmann, D. (1998). The Burnout Companion to Study and Practice.
  • Bakker, A. B., & Demerouti, E. (2007). The Job Demands–Resources Model.